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gestelnburg(Walter Ruppen) Da es sich um den Stammsitz der Herren von Turn-Gestelnburg handelt, ist das Schicksal der Burg mit demjenigen des Geschlechtes engstes verknüpft; wir betrachten daher im Folgenden das Bauwerk vor dem Hintergrund der mit dieser Familie verbundenen Walliser Geschichte. Wie die Herkunft des Geschlechtes nicht restlos geklärt ist, so weiss man auch über die Entstehung der Burg keinen genauen Bescheid. Freiherr Anselm I., aus dem wohl ortsansässigen Geschlecht von Gestein, hatte das Reichslehen Niedergesteln, zu dem das Lötschen- und das Nikolaital gehörten, um 1179 an Bischof Cono von Sitten abgetreten. Warum er das Lehen als Vasall des Bischofs nicht wiederum entgegennahm, ist nicht bekannt. Bischof Cono übertrug es dem wohl aus der Dauphiné stammenden Geschlecht der von Turn, einem Zweig der la Tour du Pin. Er folgte damit vermutlich der gegen die Zähringer gerichteten Politik der Walliser Bischöfe, die sich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die Verleihung wichtigster Lehen die administrative und militärische Erfahrung auch bedeutender oberitalieni­scher Adelsfamilien zunutze machten. Sonderbarerweise wurden die Freiherren von Gesteln Vasallen des neuen bischöflichen Lehensgeschlechtes aus dem Ausland und verbanden sich verwandtschaftlich mit ihm.

 

Die Burg geht - nach ihren Ruinen zu schliessen - kaum auf die Anfangszeit der Freiherren von Gesteln zurück. Der monumentale und zugleich schmucke Eckquaderbau an der schrägen Front des Wohntraktes hoch über der Kirche, der unwillkürlich an die Eingangsfront der bischöflichen Burg Seta (1219) erinnert, lässt darauf schliessen, dass sich das neu belehnte Geschlecht der von Turn bald nach seiner Ankunft oder eher noch im 13. Jh. in der Burg von Niedergesteln ein ebenso trutziges wie imposantes Statussymbol für seine Lehensmacht errichtete; der Typ des Felsennestes weist denn auch eher auf das 13. Jh. Genannt wird die Burg erstmals 1235; ein Kastlan der Herren von Turn erscheint 1233.

 

Die Familie gelangte in der Folge zu ansehnlicher Macht. Ihr Einflussreich erstreckte sich nicht nur hinunter bis Conthey und bis ins Bagnestal; die Herren von Turn waren auch Meier von Sitten und hatten Lehen im Chablais, im Berner Oberland und im Freiburgischen inne. Sie wurden zum bedeutendsten Feudalgeschlecht des Oberwallis im früheren Spätmittelalter.

 

Die bischöfliche Politik der Lehensverleihung an bedeutende fremde Geschlechter sollte sich aber als gefährlich erweisen. Ende des 13. Jh. erhoben sich die Adeligen unter der Führung des Peter von Turn gegen den Bischof Bonifaz von Challant; nach der Niederlage der Aufständischen auf der Seufzermatte bei Leuk 1294 wurde Peter von Turn im Schloss „uff der Flüe" in Naters gefangen gesetzt. Wie die Burg von Niedergesteln damals nicht eingenommen wurde, so war auch das Geschlecht zu mächtig, als dass der Bischof ihm seine Lehen hätte entziehen dürfen.

 

Dennoch konnte sich das Geschlecht von den Folgen dieser Fehde nicht mehr erholen. Am 1. März 1356 stellte Peter V. von Turn vermutlich aus finanziellen Gründen die Burg unter die Schirmherrschaft Savoyens. Es ist, wie wenn er die unmittelbar bevorstehenden Krisen und den Zusammenbruch der Macht des Geschlechtes im Oberwallis geahnt hätte. 1362 begannen die Streitigkeiten zwischen den Familien von Turn und Tavelli, die bald die unseligen Feldzüge des Grünen und des Roten Grafen nach sich zogen. Der zuerst savoyenfreundliche Bischof Witschard Tavelli näherte sich den Gemeinden, deren Zorn gegen die Feudalherren zusehends wuchs. Vor Ende 1366 brandschatzten die Bischöflichen die Besitzungen der von Turn: 1200 (!) Häuser in Lötschen sowie 30 Häuser samt dem Inventar in Niedergesteln. Am 13. November 1365 wurden bei der Brücke von Naters die Gräfin Isabella von Blandrate und ihr Sohn als Anverwandter der von Turn ermordet. Dann belagerten die Oberwalliser acht Wochen lang Niedergesteln: sie zerstörten die Häuser der Burgschaft, konnten die Burg aber nicht einnehmen. Als nun Anton von Turn die Intervention Savoyens verlangte, nicht ohne zuvor den Vasalleneid für das Schloss erneuern zu müssen, wurde der Gegensatz zur Landschaft unüberbrückbar. Es ist bezeichnend, dass die Burg auch nach dem Frieden von Evian 1368 noch vier Tage lang grimmig belagert wurde. Für die dabei zugefügten Schäden musste der Bischof nach dem Urteilsspruch des Grafen von Savoyen vom 29. Juni 1370 in St. Maurice 1500 Florin bezahlen: Anton von Turn musste den Lehenseid an den Bischof leisten bzw. erneuern.

 

Die Gewalttat bei Seta, bei der Anton von Turn am 8. August 1375 Bischof Witschard Tavelli über den Burgfelsen stürzen liess, entfachte dann den allgemeinen Sturm gegen die Herren von Turn. Nach der Niederlage vom 18. August desselben Jahres in St. Leonhard floh Anton schwer verletzt an den Hof von Savoyen. Im Juli des folgenden Jahres verkauften Anton und Johann das Lehen von Niedergesteln dem Grafen von Savoyen, der es käuflich Bischof Eduard von Savoyen überliess. Im Gegensatz zur Burgschaft, die unter den anhaltenden Fehden schwer hatte leiden müssen, entging die Burg auch diesmal der Zerstörung. Bischof Eduard versuchte sie zu retten.

 

Noch am 13. April 1384 wurde im mittleren Saal der Burg ein Akt getätigt. Doch noch im gleichen Jahr wurde Bischof Eduard vom Bischofstuhl vertrieben. Nun brach auch über die Stammburg der von Turn das Unheil herein. Am 21. August 1384 vernimmt man erstmals, dass die Burg eingenommen und bis auf den Grund zerstört worden sei, was wohl besagt, dass man sie in Brand gesteckt hat, um hernach Dächer und Mauerkronen zu zerstören.

Stiftung Gestelnburg, Pro Castellione, 3942 Niedergesteln, Tel. 027 934 19 12, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!